oder: Wie ich einmal beinahe einer Lego-Verkäuferin zu ihrer Emanzipation verhelfen wollte.

Die Szene: Kind hat bald Geburtstag und braucht dringend noch mehr Lego. Während ich sinnierend am Regal stehe,[1] führen ein Kunde und die Verkäuferin nebenan ungefähr folgendes Gespräch:

Verkäuferin (nach oben zum Space Shuttle-Set greifend): „Ist es für einen Jungen oder ein Mädchen?“
Kunde: „Für ein Mädchen.“
Verkäuferin (das Set zurücklegend): „Ach so, dann ist das eher nichts.“

Der Fairness halber sei gesagt, dass sie dann ein ganz nettes, genderneutrales(?) Roboter-Set vorschlug und den Kunden nicht zu den Regalen mit dem schrecklichen, pinken Zeugs zerrte.
Mir lag dennoch ein „Oh, es gab durchaus auch schon Astronautinnen. Sogar als Kommandantin von Space Shuttles!“ auf der Zunge.
Ich habe dann nichts gesagt, weil es mir irgendwie übergriffig vorgekommen wäre.

Und auch wenn Lego jetzt nicht gerade zu den allerschlimmsten Reaktionären zu zählen sein dürfte (will sagen: beim Betreten des Ladens will man sich als einigermaßen progressiver Mensch nicht ob des ganzen sonst üblichen Blau/Rosa-Schemas sofort übergeben) – das ist schon ein recht typisches Symptom verinnerlichter Klischees, nicht?

Liberation by Proxy

Ich muss dann häufig den Gedanken zurückdrängen: „Wieso soll ich als Mann jetzt eigentlich stellvertretend für die Sache der Frauen kämpfen?“ – Ich versuch's natürlich trotzdem (manchmal, ein bisschen); ein paar gute Gründe stehen in der Fußnote.[2]

Ähnlich geht es mir bei der Politik – da wähle ich auch regelmäßig Parteien, die nicht unbedingt meine monetären Interessen vertreten. Dagegen (gefühlt und böse vereinfachend[3]): Die Schichten, die am meisten profitieren würden, wählen lieber CDU (AfD, Brexit, etc.) – um dann später, oh Wunder, über den Tisch gezogen zu werden.
Die Beobachtung lässt sich leicht mit weiteren Beispielen verallgemeinern, selbst ohne diverse derzeitige Situationen in den USA zu betrachten (in dem Fall ist es dann allerdings besonders evident).

Lösung?

Tja, Homo Sapiens halt, kann man nicht viel tun. (Jaja, schon gut: Bildung!! und so Sachen…)
Wirklich dauerhaft und nachhaltig hilft aber wohl nur ein grundlegenderer Eingriff.


Außerdem und völlig harmlos: Gibt ein neues Coverfoto für den Blog. Es ist ja Herbst geworden und das erklärt eventuell auch die leicht ins Pessimistische neigende Stimmung des letzten Absatzes. – Scusi!

Titelfoto: Daniel Cheung / Unsplash


  1. Natürlich habe ich das verkehrte Paket ausgesucht („das habe ich mir gar nicht gewünscht!“)…
    Na, dem großen Bruder gefiel es so, dass er es vom Taschengeld (zum Vorzugspreis) erwarb und der Kleine konnte sich später noch was aussuchen gehen. – Yay!, noch mehr herumliegendes Lego! ↩︎

  2. Warum auch als Mann für GedönsFrauenrechte eintreten? Darum. Oder darum. Oder darum. Oder einfach darum. ↩︎

  3. Ein noch böserer Gedanke dazu: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber…“ ↩︎