Teil II – Neapel

Etwas über eine Bahnstunde südlich von Rom waren wir plötzlich in einem anderen Land angekommen.

Die Armut war mit Händen greifbar. Auf dem Weg vom Bahnhof zu unserem Hotel in der Altstadt sahen wir fast ausschließlich bröckelnde Fassaden und sehr viel (schlechte) Graffiti. Nun ja, das war auch eines der minder guten Viertel, durch das wir da durchgingen.

In der Altstadt sah man noch deutlich, das die Stadt früher ein reiches Handelszentrum war. Prunkvolle Kirchen überall und alte Palazzi, deren vergangene Pracht noch deutlich sichtbar ist.

Auch der Dom, groß und eindrucksvoll, so dass er die Konkurrenz aus Rom nicht fürchten musste, zeigt, wie wichtig den Neapolitanern ihre Religion war und auch heute noch ist. Mein erster Versuch mit einem Trägeroberteil hinein zu kommen scheiterte, weil hier auch 2020 Frauen ihre Schultern bedecken müssen.

Nicht der Dom, aber auch nett

In unseren Hotel „The Duomo House“, das direkt neben dem Dom steht, wurden wir herzlichst empfangen und mit vielen, vielen Tipps versorgt. Insbesondere riet Francesca uns davon ab, auf den Vesuv zu steigen, weil es zu heiß war und machte uns Vorschläge was wir stattdessen unternehmen könnten. Wir beschlossen dem zu folgen und machten noch einen kleinen Ausflug zum Hafen, um den Vesuv dann zumindest schon am ersten Abend zu sehen. Wir fuhren U-Bahn, die hier besonders sehenswert ist, weil jede Station von anderen Künstlern gestaltet wurde. ‌‌‌‌

Aus dem kleinen Ausflug wurde eine Wanderung, weil eine gewaltige Baustelle unseren Weg versperrte, aber der Blick auf das Meer und den Vesuv war wirklich schön.

Am nächsten Tag ging es durch die quirlige „Spaccanapoli“, die enge Straße, die Neapels Altstadt wie ein gerader Strich durchteilt, hin zum Castel Sant'Elmo.

Es war schon ein ganz eigenes Gefühl, durch diese enge, quirlige Gasse zu schlendern. Touristenkitsch und Kunst wurde direkt nebeneinander verkauft, einträchtig so wie auch Priestergewänder und Heiligenbilder direkt neben Fantasy-Artikel-Läden. Man lässt hier seinen Nachbarn einfach nach seiner Art sein Glück suchen. Oft hatte ich hier das Gefühl, dass die Neapolitaner mehr aufeinander achtgeben und auch hilfsbereiter sind, als die wohlhabenderen Norditaliener oder zum Beispiel wir Deutschen.

Zum Castel fuhren wir mit der Standseilbahn. Auf den Weg nach oben sah man, dass Häuser und Wohnungen teurer werden je weiter man nach oben kommt. Das Castel selbst ist eine Mischung aus Aussichtsplattform, Verwaltungsgebäude und Kunstausstellung, mit deutlichem Schwerpunkt auf der Aussichtsplattform. Wunderbar konnte man die gesamte Altstadt, den Hafen und den Vesuv sehen.

Nach der Besichtigungstour war es Mittag geworden und wir aßen auf einem Platz. Da wir in der Heimatstadt der Pizza waren gab es natürlich sehr leckere Pizza, aber auch Lo Scrigno Napoletano mit Salsiccia und Friarielli ( „Rübstiel“, einer Art Grünkohl), sehr lecker und etwas, was man in Deutschland eher nicht findet. Man merkt, dass gutes – und reichhaltiges! – Essen für die Neapolitaner sehr wichtig ist.


Nach der Mittagspause besuchten wir noch den Dom, diesmal hatte ich eine Jacke dabei. Im Dom gibt es sehr viele Kunstwerke aus den verschiedenen Jahrhunderten zu sehen, u.a. das Baptisterium des San Gennaro, das älteste Europas (4. Jhdt.). Danach besuchten wir das Universitätsviertel, wo uns Francesca eine Trattoria empfohlen hatte, die besonders leckere Ragouts machte. Das versteckte Restaurant hätten wir ohne Empfehlung auf keinen Fall gefunden, was wirklich sehr schade gewesen wäre, denn das einfache Gericht – Soße mit Brot – war wirklich ein Gedicht, jede Soße perfekt abgeschmeckt und gewürzt.

Blühender Baum mit Stachelrinde

Am nächsten Tag hieß es schon wieder Abschiednehmen von Neapel und auf zur Thyrrhenischen Küste.